Warum in Schwelm?
Die über 385 Millionen Jahre alten Kalksteine aus der Devon-Zeit ähneln denen, die am nordwestlich gelegenen Schwelmer Tunnel an der Erdoberfläche vorkommen. Die Bohrkerne sollen einen ungestörten Einblick in den internen Aufbau der Kalksteine geben. Eine wichtige Frage, die mit der Bohrung beantwortet werden soll: Hat im „Schwelmer Kalk“ entlang von Spalten Kalklösung stattgefunden? Wenn ja, dann bezeichnet man ihn als verkarstet und er könnte große Mengen Wasser führen. Kommt dieselbe Gesteinsschicht andernorts in großen Tiefen vor, wäre darin enthaltenes Wasser warm und könnte zur geothermischen Wärmeversorgung genutzt werden. Das erbohrte Gestein wird im Anschluss im Labor untersucht. Besonderes Augenmerk liegt hierbei auf der Wärmeleitfähigkeit und der chemischen Zusammensetzung. Diese Daten fließen in das geologische Landesmodell des Untergrundes ein und sollen helfen, die tiefe Geothermie in NRW nutzbar zu machen.
Kernbohrungen liefern Referenzdaten, um die Verbreitung, Mächtigkeit und den Aufbau von Schichtenfolgen zu erkennen und in geologischen Karten und Modellen darzustellen. Sie liefern wichtige Erkenntnisse zur Beurteilung des Untergrundes im dreidimensionalen Raum, beispielsweise hinsichtlich der Grundwasserführung oder der Nutzung von Erdwärme.
04. September
Der Bohrplatz ist hergerichtet und Geo-Ingenieur Sebastian präsentiert das Info-Plakat. Nun kann die 100 Meter tief geplante Bohrung in Schwelm beginnen. In den nächsten Tagen wird es die ersten Bohrkerne geben.
06. September
Bohrkerne des „Schwelmer Kalksteins“ aus ca. 28 und 32 Metern Tiefe offenbaren einen Blick in eine längst vergangene Zeit. Als die Region um Schwelm noch ein tropisches Flachmeer war und südlich des Äquators lag. Es sind fossile Reste von Riffbildnern wie Stromatoporen und Korallen im dunklen Kalkstein enthalten. Außerdem kommen Brachiopoden und stellenweise Schneckenhäuser, also Gastropoden, vor. Das Gestein ist stark zerklüftet und weißt Spalten auf.
10. September
Mit dem großen Bohrgerät können wir uns schwer verstecken und das wollen wir auch nicht. Heute war Radio Ennepe Ruhr zu Besuch auf dem Bohrplatz. Unser Geologe Sören erklärt, was wir hier im Untergrund erwarten und wozu wir die geplante 100-Meter-Bohrung in Schwelm durchführen. Der Kalkstein, der in der Tiefe vorkommt, ist repräsentativ für die gesamte Region. Hier sammeln unsere Geo-Fachleute Daten zum Untergrund, die später für Orte, an denen diese Kalksteine in größeren Tiefen vorkommen, genutzt werden können.
11. September
66 Meter Bohrtiefe geschafft! Unsere Geo-Experten Sören und Sebastian erwarten bald die Grenze zum darunterliegenden Gestein. In welcher Tiefe dieser Übergang vom Kalkstein zum Tonstein genau angetroffen wird, werden wir in den nächsten Tagen sehen. Der Countdown läuft…
12. September
Besuch von der Presse. Heute war eine Journalistin auf dem Bohrplatz. Geologe Sören erklärt, dass wir durch ein mehr als 385 Millionen Jahre altes fossiles Riff bohren. Von dieser einst lebendigen Unterwasserwelt zeugen heute noch Korallen, Stromatoporen und andere Fossilien in den ans Tageslicht geförderten Kalksteinen. Sie kommen in der Umgebung von Schwelm an der Erdoberfläche vor, können aber in anderen Regionen um einiges tiefer liegen. In Tiefen von über 1 000 Metern wäre das in ihnen enthaltene Thermalwasser bereits mehr als 40 °C warm. Dieses Wasser könnte zur geothermischen Wärmeversorgung genutzt werden. Dafür muss der Kalkstein jedoch Hohlräume oder Spalten haben, durch die das Tiefenwasser hindurchfließen kann. Der hier angetroffene „Schwelmer Kalk“ weist einige solcher Kluftflächen und kleine Hohlräume auf.
16. September
Ganze 82,5 Meter hat sich das Bohrgerät in die Tiefe gearbeitet. Weiterhin sind wir im Kalkstein. Das ist eine wichtige Erkenntnis, denn laut unseren Untergrundmodellen hätten wir den Übergang zum darunterliegenden Tonstein bereits antreffen müssen. Wir wissen also, dass der Kalkstein in diesem Bereich noch tiefer liegt als bisher angenommen.
17. September
Nicht mehr lange und die 100 Meter sind erreicht. Noch immer hält sich der Kalkstein hartnäckig. Es bleibt spannend, ob wir den Übergang zum Tonstein erbohren werden. Währenddessen sind einige der Bohrkerne bereits in unserem Probenbearbeitungsraum angekommen. Die Analysen können damit bald beginnen.
18. September
Die 100 Meter sind erreicht und leider war weit und breit kein Tonstein zu finden. Dieser muss demnach tiefer liegen als bisher angenommen. Die Daten helfen dabei, unsere geologischen Karten und 3D-Untergrundmodelle anzupassen. Nun folgen die geophysikalischen Messungen im Bohrloch. Untersucht wird der elektrische Widerstand, der Bohrlochdurchmesser, die natürliche Radioaktivität des Gesteins und es wird die Bohrlochwand mit einer speziellen 360°-Unterwasserkamera aufgenommen. Im nächsten Schritt wird dann der Pumpversuch vorbereitet.
20. September
Die Bohrkerne sind in unserem neuen Probenbearbeitungsraum eingetroffen. Geologe Sören ist schon mitten in der Gesteinsaufnahme. Mit fachmännischem Blick untersucht er die Kalksteine und notiert alle relevanten Geo-Daten. Daraus kann er die Entstehungsgeschichte der Gesteine ableiten, weiß, wie sie in der Tiefe aufgebaut sind und welche Strukturen vorkommen. Anschließend werden die Kerne im Labor untersucht, um das Alter, die Wärmeleitfähigkeit und andere Parameter zu bestimmen. Alle Daten fließen schließlich in unsere Bohrungsdatenbank DABO, ein.
25. September
An diesem regnerischen Tag sind unsere Hydrogeologen Hannsjörg, Nick und Ben auf dem Bohrplatz, um einen Pumpversuch zu begleiten. Dieses Feldexperiment dient dazu, die hydraulischen Eigenschaften von Gesteinen direkt vor Ort zu bestimmen. Dafür misst man die Veränderung des Grundwasserstandes im Bohrloch. Mithilfe einer Pumpe wird so lange Wasser entnommen, bis sich ein Gleichgewicht zwischen abgepumptem und nachströmendem Wasser einstellt – der Grundwasserspiegel sinkt dann nicht weiter ab. Anschließend wird die Pumpe ausgeschaltet, um die Zeit für den Wiederanstieg des Grundwassers zu messen. Dieser Versuch liefert wertvolle Erkenntnisse über die Durchlässigkeit von Gesteinen, in unserem Fall von Kalksteinen. Der Test wurde in einer Bohrtiefe zwischen 30 und 100 Metern durchgeführt.
9. Oktober
Um eine Erkenntnis reicher: Mit der 100-Meter-Bohrung konnten wir den Übergang vom Kalk- zum Tonstein nicht erreichen. Das bedeutet, die Kalksteinschicht ist hier mächtiger, also dicker, als angenommen.