In NRW war das Münsterland eine Pilotregion für die geothermale Charakterisierung des Untergrundes in bis zu 6 Kilometer Tiefe. Damit wurden geologische Strukturen im tiefen und mitteltiefen Untergrund im Hinblick auf ihr geothermisches Potenzial und ihre Eignung als natürliche Wärmequelle für eine ganze Region untersucht. Bei der Auswahl des Gebietes orientierte sich die Landesregierung einerseits daran, wo entsprechende Potenziale zu vermuten sind. Andererseits betrachtete sie die Wärmebedarfsstruktur vor Ort. Der Wärmebedarf ist im Münsterland groß und bisher vorwiegend fossil gedeckt. Industrielle Abwärme steht eher nicht zur Verfügung.
Erste Ergebnisse liegen vor
Nach einem knappen Jahr Datenanalyse liegen im September 2022 erste Ergebnisse der seismischen Messungen im zentralen Münsterland vor. Sie zeigen ein sehr gutes 2-dimensionales Bild des Untergrundes.
Gleich drei Kalksteinhorizonte konnten identifiziert werden. Das ist eine gute Nachricht, denn bei Kalksteinen geht man aufgrund ihrer Kluft- und Porenräume von einer hohen Wasserdurchlässigkeit aus. Dies ermöglicht es, heißes Tiefenwasser an die Oberfläche zu fördern – eine wichtige Voraussetzung für die Nutzung der hydrothermalen Geothermie.
Die Temperaturen, die im Münsterland erwartet werden, liegen für die flacheren Kalksteinhorizonte ab ca. 1.000 bis 1.200 Meter Tiefe bei mindestens 40 °C. Für die tiefer liegenden Kalksteinschichten sind Temperaturen bis über 150 °C möglich. Vorhandene geologische Daten hatten vermuten lassen, dass in der Tiefe Kalksteine zu finden sind, doch jetzt sind Lage und Mächtigkeiten genauer bekannt.
In einem Webinar am 29.09.2022 stellte Projektleiter Ingo Schäfer die Ergebnisse vor. Eine Aufzeichnung des Webinars ist auf YouTube zu sehen.
Woher stammen bisher vorliegende Erkenntnisse?
Vom Untergrund des Münsterlandes war vorab bekannt, dass gleich drei Kalksteinformationen in unterschiedlichen Tiefenlagen vorhanden sind. Besonders interessant ist der sogenannte devonische Massenkalk in 5.000 bis 6.000 Meter Tiefe. In dieser Tiefe sind sehr hohe Temperaturen von bis zu 180 °C zu erwarten.
Bereits im Jahr 1963 wurde die Tiefbohrung „Münsterland 1“ in Aulendorf bei Billerbeck niedergebracht. Mit fast 6.000 Meter Tiefe war sie die seinerzeit tiefste Bohrung Europas. Man gewann Erkenntnisse zur geologischen Schichtung des tiefen Untergrundes und fand unter anderem Kalksteinschichten in 5.000 bis 6.000 Meter Tiefe. In solchen Tiefen herrschen Temperaturen von bis zu 180 °C.
Zwischen 1984 und 1997 fanden in ganz Deutschland im Rahmen des DEKORP-Programms (Deutsches Kontinentales Reflexionsseismisches Programm) geologische Untersuchungen statt. Finanziert wurden sie vom damaligen Bundesministerium für Forschung und Technik (heute Bundesministerium für Bildung und Forschung). Federführend war das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie in Hannover. Interessant für das Münsterland sind die DEKORP2-Linien. Sie erkundeten auf 220 Kilometer Länge einen Querschnitt durch das Rheinische Massiv vom Münsterländer Becken im Norden bis zum Rheinischen Taunus im Süden.
Gewisse Vorkenntnisse waren somit bereits vorhanden. Um das vermutete geothermische Potenzial im Münsterland genauer zu untersuchen, wurde der GD NRW mit der geothermalen Charakterisierung des Gebiets beauftragt. Eine bewährte und zugleich minimalinvasive Technologie, die detaillierte Einblicke in die geologischen Strukturen des Untergrundes ermöglicht, ist die sogenannte 2D-Seismik.
Wo genau wurde gemessen?
Entlang zweier sich in der Stadt Münster kreuzender Messlinien mit insgesamt 73,5 Kilometer Länge hat die mit den Messungen beauftragte Firma DMT aus Essen an 1.832 Messpunkten Vibrationen in die Tiefe geschickt. 3.651 Geophone haben die Reflexionen der so erzeugten Schallwellen empfangen. Das Untersuchungsgebiet umfasste die Stadt Münster sowie die umliegenden Gemeinden Billerbeck, Dülmen, Havixbeck, Nottuln, Rosendahl, Senden und Sendenhorst.
Vorab erkundete DMT zunächst in den vorab festgelegten Korridoren geeignete Straßen. Bei der Planung der Messlinien hatte die Sicherheit von Gebäuden und Infrastruktur vor Ort oberste Priorität. Dazu zählen beispielsweise unterirdische Leitungen, Brücken, denkmalgeschützte Gebäude oder Wasser- und Naturschutzgebiete. Als die möglichen Messlinien identifiziert waren, holten sogenannte „Permitter“ im Vorfeld der Untersuchungen alle notwendigen Erlaubnisse (z. B. Wegerechte) ein. Auch alle relevanten Behörden (Tiefbau, Verkehr, Natur-, Wasser- und Denkmalschutz) waren eingebunden.