Nach der erfolgreichen 2D-Seismik-Kampagne im zentralen Münsterland war im Oktober und November 2022 auch der zentrale Teil des Rheinlandes Ziel seismischer Messungen. Interessant für eine geothermische Nutzung sind hier zwei aus verschiedenen Erdzeitaltern stammende Kalksteinschichten in Tiefen von bis zu 3.500 Metern.
Wichtige Erkenntnisse
Die Auswertungen der seismischen Messungen im Rheinland bestätigen grundsätzlich das bisherige 3D-Untergrundmodell des GD NRW. In einigen Bereichen brachten die Messungen aber auch wertvolle neue Erkenntnisse zutage, insbesondere zwischen Krefeld-Zentrum und der Stadtgrenze zu Düsseldorf und Duisburg. Hier liegen die Kalksteinschichten weniger tief als noch vor den Messungen vermutet. Für künftige Geothermieprojekte bedeutet dies konkret: niedrigere Temperaturen in den geothermischen Reservoiren als erhofft bei einer gleichzeitig kostengünstigeren Erschließung der Erdwärme.
Die Ergebnisse zeigen zwei Kalksteinhorizonte: den unterkarbonzeitlichen Kohlenkalk in Tiefen von 300 bis 1.500 Metern sowie den devonzeitlichen Massenkalk in Tiefen von 800 bis 2.500 Metern. Demnach können Temperaturen von bis zu 45 °C für die Kalksteine des Kohlenkalks und bis zu ca. 75 °C für die tieferen Gesteine des Massenkalks erwartet werden. Mit den Ergebnissen der Seismik Rheinland können Kommunen und Versorger nun erste lokale Potenziale abschätzen und dies mit der obertägigen Abnehmerstruktur abgleichen. Die neu gewonnenen Erkenntnisse fließen in unsere geologischen 3D-Untergrundmodelle ein und werden in Kürze im Geothermie-Portal NRW bereitgestellt.
Mehr Informationen zu den Ergebnissen und weiteren Schritten gibt es im gdreport 2023/2. Gerne stehen wir persönlich für weitere Auskünfte bereit: info [at] seismik.nrw.de
Warum hier?
Im Bearbeitungsgebiet Rheinland sind zwei potenziell geeignete geothermische Zielhorizonte bekannt: der karbonzeitliche Kohlenkalk sowie der devonzeitliche Massenkalk. Während der Kohlenkalk in einer Tiefe zwischen 200 bis zu ca. 2.500 Metern vermutet wurde, erwartete man den Massenkalk in einer Tiefe zwischen 500 und 3.500 Metern. Die seismischen Untersuchungen sollten Antworten auf derzeit noch offene Fragen zur Struktur und zu den Mächtigkeiten der geothermischen Reservoire sowie zu der Lage von potenziell wasserführenden Störungszonen geben.
Ein wichtiges Argument für die Auswahl der Region Rheinland war, dass dort neben vielversprechenden geologischen Strukturen auch eine große Anzahl an sogenannten Wärmesenken vorliegt. Schließlich soll die geothermische Wärme oberirdisch auch Abnehmer finden. Dies sind Haushalte, Gewerbe, Industrie, kommunale Gebäude oder auch Gewächshäuser, die alle aktuell noch Wärme aus fossilen Brennstoffen nutzen. In vielen Teilen der Region besteht auch schon eine Netzinfrastruktur mit Fernwärmeleitungen.
Wo wurde gemessen?
1.735 Messpunkte haben die Vibro-Trucks zwischen dem Start am 6. Oktober in Schwalmtal und dem Abschluss der Messungen am 22.Oktober im Zentrum Duisburgs abgearbeitet. An 6.948 Stationen haben hochsensible Messinstrumente – sogenannte Geophone – die Reflexionen der in die Tiefe geschickten Schallwellen empfangen. 69,45 Kilometer betrug die Gesamtlänge der drei Messlinien in der Region zwischen Viersen, Krefeld, Düsseldorf und Duisburg.
Insgesamt wurde auf 3 Messlinien gemessen. „Rheinland 1“ reichte von Schwalmtal über Viersen, Tönisvorst und Krefeld bis zum Elfrather See. Diese Messstrecke war rund 30 Kilometer lang und verlief durch die Tiefbohrungen Schwalmtal 1001 und Viersen 1001. Dies ist wichtig, um bereits vorhandene geologische Kenntnisse mit den neuen Untersuchungen in einen Kontext zu bringen. Geolog:innen nennen dies: die Seismiklinie in die Bohrung einhängen.
Die beiden anderen Messlinien waren zwischen den Metropolen Düsseldorf und Duisburg angesiedelt. „Rheinland 2“ kreuzte die Linie „Rheinland 1“ in Traar, verlief durch Elfrath, Uerdingen, rechtsrheinisch vorbei an Mündelheim, Wittlaer und Angermund, bis sie nordöstlich des Düsseldorfer Flughafens endete. „Rheinland 3“ führte von der Messe Düsseldorf nach Norden bis ins Duisburger Zentrum. Diese beiden Linien umfassten jeweils etwa 20 Kilometer.